50.000 Euro im Kampf gegen rätselhafte Lähmung
ALS-Verein unterstützt jetzt mit weiterer Spende die Versorgung am Universitätsklinikum Bonn bereits mit insgesamt 120.000 Euro
Bonn, 21. Juli 2022 – Etwa 1.500 Menschen in Nordrhein-Westfalen sind von der Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) betroffen. Sie leiden an fortschreitenden Muskellähmungen. Hilfe finden sie an der Klinik für Neurodegenerative Erkrankungen des Universitätsklinikums Bonn (UKB), einem der wenigen spezialisierten Zentren in Deutschland. Der ALS-Verein „Alle Lieben Schmidt e.V.“ unterstützt mit 50.000 Euro erneut die dortige Anlaufstelle – die Motoneuronambulanz. Zusammen mit bereits vier großen Spenden in einer Gesamthöhe von 70.000 Euro fließen jetzt seit 2018 insgesamt 120.000 Euro in deren Patientenversorgung und Forschung, die einen Beitrag zum besseren Verständnis des Krankheitsverlaufs leisten und somit Wege zu ALS-Medikamenten aufzeigen soll.
Im Alter von 49 Jahren sah sich Bruno Schmidt mit der Diagnose „ALS“, einer chronisch-degenerativen Erkrankung des zentralen Nervensystems, konfrontiert: Inspiriert von der Ice Bucket Challenge im Sommer 2014 wollte der leidenschaftliche Radsportler ALS mehr Aufmerksamkeit verschaffen und startete im August 2015 daher seine erste Tour durch Deutschland, bei der er zwölf andere Betroffene zwischen Odenwald und Ruhrgebiet besuchte. „Der Verlauf von ALS ist bei jedem anders und keiner weiß, wohin die Reise geht. Aber mit meinem Engagement möchte ich anderen Mut machen und helfen“; sagt der heute 56-Jährige. Daraus entsprang im Jahr 2016 nicht nur der Dokumentarfilm „Alle Lieben Schmidt“ zur ersten Radtour, sondern auch der gleichnamige ALS-Verein. Seitdem hat es sich Bruno Schmidt zur Aufgabe gemacht, Betroffene und Angehörige zu unterstützen und ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Zudem organisiert er regelmäßig Charity-Veranstaltungen.
„Mit Öffentlichkeitsarbeit habe ich mehr Positives erreicht, als ich mir am Anfang vorstellen konnte“, sagt Bruno Schmidt. 2019 zeichnete die Hertie-Stiftung ihn mit dem Hertie-Preis für Engagement und Selbsthilfe aus. Am 17. Dezember 2021 fand die Verleihung der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland an Bruno Schmidt für sein besonderes Engagement statt. Im Mai 2022 wurde er mit dem Ehrenpreis für Soziales Engagement der Stadt Düren geehrt.
Auf ALS spezialisiertes Zentrum auf dem Venusberg-Campus
Im Verlauf einer ALS gehen Nervenzellen, die Befehle an die Muskeln übermitteln, nach und nach zugrunde. „Dies ist ein nicht mehr umkehrbarer Prozess, der sich meist als erstes mit Muskelschwäche und Muskelschwund in den Armen oder Beinen äußert. ALS ist nicht heilbar und führt oft innerhalb von nur wenigen Jahren zum Tod“, sagt PD Dr. Patrick Weydt, Leiter der Motoneuronambulanz am UKB. Zusammen mit seinem Team betreut er ALS Patienten hauptsächlich aus NRW und Rheinland-Pfalz, aber auch bundesweit sowie aus Belgien, Frankreich und Nahost: „Die Ambulanz hat sich zu einer der führenden Ambulanzen entwickelt. Gegenwärtig betreuen wir über 250 Motoneuron-Patienten pro Jahr ambulant, hinzukommen noch stationäre Patienten. Damit sind wir die größte universitäre ALS-Ambulanz in NRW und unter den Top 5 bundesweit.“ Zudem wurde ein Forschungsprogramm aufgebaut, das einen Beitrag zum besseren Verständnis des Krankheitsverlaufs leisten und somit Wege zu ALS-Medikamenten aufzeigen soll. „Aktuell führen wir vier Therapiestudien und drei Beobachtungsstudien durch“, sagt Weydt. Zudem findet am UKB derzeit erstmals in NRW eine Behandlung mit dem Präparat „Tofersen“ für eine spezielle genetische ALS-Form im Rahmen eines Härtefallprogramms statt.
ALS ist nicht heilbar, aber behandelbar
Bei der Behandlung geht es unter anderem um lebenswichtige Hilfen bei Atmung und Ernährung sowie um Unterstützung bei Kommunikation und Mobilität – wesentliche Faktoren für die Lebensqualität. Bundesweite Besonderheiten der Ambulanz sind die Etablierung sowohl einer „ALS-Lotsin“ als auch ein spezielles psychotherapeutisches Angebot. Dies alles ist im Vergütungssystem nicht abgebildet und muss über Spenden finanziert werden, die aber auch zum Teil in Forschungsprojekte fließen. „Wir sind Bruno Schmidt für sein Engagement sehr dankbar, wie auch allen anderen Unterstützern. Denn solche Spenden sind notwendig, um unser Beratungsangebot und die komplexe Betreuung der Patienten zu ermöglichen“, sagt Weydt. So startet am 3. August 2022 der Spendenlauf „21 Marathons in 21 Tagen – Einmal quer durch Deutschland“ von Andreas Butz, bei dem Geld für Bruno Schmidt gesammelt wird.
Über seinen Verein „ALS – Alle Lieben Schmidt e.V.“ hat Bruno Schmidt die Motoneuronambulanz am UKB zusammen mit der aktuellen Spende und vier früheren bereits mit 120.000 Euro gefördert. Zudem unterstützt er das Deutsche Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) sowie andere Betroffene, doch der größte Anteil geht an die Bonner Ambulanz. „Meine Frau und ich kennen Dr. Weydt seit einer Ulmer Studie. Als er kurz darauf im Jahr 2016 die Leitung der Ambulanz in Bonn übernahm, entschlossen wir uns dafür ihm zu helfen, diese aufzubauen. Denn er ist sehr engagiert, um die Forschung und Aufklärung bezüglich ALS voran zu bringen.“
Mehr Infos zum Spendenlauf vom 3 bis 23. August zu Gunsten des ALS-Vereins: https://laufcampus.com/blogs/laufblog/21-marathons-in-21-tagen-einmal-quer-durch-deutschland
Facebook-Seite von Bruno Schmidt und seinem Verein „ALS – Alle Lieben Schmidt e.V.“: https://www.facebook.com/AlleLiebenSchmidt
Bildmaterial:
Bildunterschrift: Motoneuronambulanz am Universitätsklinikum Bonn: PD Dr. Patrick Weydt (li) überprüft eingehend die motorischen Fähigkeiten eines ALS-Patienten.
Bildnachweis: Universitätsklinikum Bonn/ Katharina Wislsperger
Pressekontakt:Dr. Inka Väth
Medizin-Redakteurin
Tel.: 0228 287-10596
E-Mail: inka.vaeth@ukbonn.de
Zum Universitätsklinikum Bonn: Im UKB werden pro Jahr über 400.000 Patient*innen betreut, es sind 8.300 Mitarbeiter*innen beschäftigt und die Bilanzsumme beträgt 1,3 Mrd. Euro. Neben den über 3.300 Medizin- und Zahnmedizin-Studierenden werden pro Jahr rund 600 junge Menschen in anderen Gesundheitsberufen ausgebildet. Das UKB steht im Wissenschafts-Ranking auf Platz 1 unter den Universitätsklinika (UK) in NRW, weist den dritthöchsten Case Mix Index (Fallschweregrad) in Deutschland auf und hatte 2020 als einziges der 35 deutschen Universitätsklinika einen Leistungszuwachs und die einzige positive Jahresbilanz aller Universitätsklinika in NRW.