Suchtbehandlung am Universitätsklinikum Bonn
Entgiftungsstation für illegale Drogen
Bonn, 17. Januar 2023 – Vor genau 15 Jahren eröffnete die Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Bonn (UKB) die Spezialstation für Behandlung von drogenabhängigen Patientinnen und Patienten. Seitdem kommen etwa 250 Menschen im Jahr auf die Station Freud zur Therapie. Es sind Substanzen wie Heroin, Kokain, Cannabis oder auch Alkohol, die häufig zu einer Abhängigkeit führen, sodass ein stationärer Aufenthalt zur Entgiftungsbehandlung am UKB unausweichlich bleibt. Die Station Freud ist zudem auf Therapie von Patientinnen und Patienten spezialisiert, die von mehreren Substanzen gleichzeitig abhängig sind und/oder zudem andere psychiatrische Erkrankungen aufweisen.
Das Spektrum der psychischen Erkrankungen, die das Ärzte- und Pflegeteam auf der Station Freud behandeln, ist breit. Bei Patientinnen und Patienten mit sogenannten Doppeldiagnosen bestehen überdies noch andere psychiatrische Störungen: Traumafolgestörungen, ADHS, Psychose, Depression.
Dem Personal der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie stehen zudem Psycho-, Ergo-, Bewegungs-, Kunst-, Musik- und Tanztherapeutinnen und -therapeuten zur Seite. „Wir therapieren Schwerstsuchtkranke, die oft andere psychiatrische Diagnosen haben, aber auch unter körperlichen Folgeschäden des Substanzgebrauchs wie z. B. Leberschäden oder Wunden leiden. Viele kommen zu uns in einem sehr schlechten Zustand und sind schwer intoxikiert“, erläutert Dr. Henrik Rohner, Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Daher arbeite das Team interdisziplinär, sodass die Behandlung immer individuell angepasst werde. Die Patientinnen und Patienten können dabei vieles selbst bestimmen.
Gut betreut nach dem Klinikaufenthalt
Dennoch sind die meisten von ihnen auf umfangreiche Hilfen abseits der qualifizierten Entgiftungsbehandlung am UKB angewiesen. Max Benöhr ist Sozialarbeiter und unterstützt drogensüchtige Menschen vor allem dabei, die Entlassung aus dem UKB gut vorzubereiten. Benöhr ist wichtig, dass der klinische Behandlungserfolg im häuslichen Umfeld nachhaltig gesichert werde. „Das erreichen wir, indem wir Belastungsfaktoren abbauen, Ressourcen fördern und Entlastungssysteme aktivieren – sowohl auf persönlicher als auch auf strukturell-materieller Ebene“, erklärt der UKB-Sozialarbeiter.
Mit der Sucht gehen in der Regel eine Vielzahl von existentiellen Problemlagen in nahezu allen Lebensbereichen einher, durch die der Übergang in einen abstinenten Alltag erheblich erschwert wird. Überschuldung, (drohende) Obdachlosigkeit, mangelnder Krankenversicherungsschutz, finanzielle Notlagen, Strafsachen, Konflikte mit Behörden, soziale und familiäre Spannungen etc. sind nur einige Themen, mit denen Patientinnen und Patienten häufig konfrontiert sind. Gleichzeitig sind stützende Netzwerke im Kontext Familie, Freundeskreis, Beruf oder Freizeit kaum mehr verfügbar. Der Fachdienst Sozialarbeit am UKB unterstützt Betroffene, die vordringlichsten Probleme zu lösen und sie an nachgehende rehabilitative Maßnahmen, therapeutische Angebote und soziale Hilfen im medizinischen, beruflichen und sozialen Bereich zu vermitteln.
Forschungsschwerpunkt: Doppeldiagnosen
Ein Rückfall ist nie ausgeschlossen und gehört zu diesem komplexen Erkrankungsbild dazu. Für manche Betroffene ist ein kontrollierter Drogenkonsum schon ein Erfolg. „Die Therapieergebnisse sind sehr unterschiedlich: von kompletter Entgiftung über Therapieabbruch bis hin zur Überlebenssicherung durch eine kontrollierte Verabreichung von Drogenersatzsubstanzen, den sogenannten Substitutionspräparaten. „Unser Ziel ist es, die Lebensqualität der Betroffenen unter den gegebenen Umständen zu verbessern“, erörtert Dr. Rohner.
19 Betten gibt es auf Station Freud. Unter den Patientinnen und Patienten sind auch einige dabei, die an wissenschaftlichen Studien teilnehmen. Der Forschungsschwerpunkt des Teams um Dr. Rohner ist der Einfluss von psychiatrischen Erkrankungen auf den Erkrankungsverlauf der Sucht. „Wir beschäftigen uns mit sehr komplexen Fällen, die zu uns kommen, weil die Station Freud – eingebettet in das UKB, einem Haus der Maximalversorgung – die gesamte Palette an Behandlungsmöglichkeiten für sehr individuelle Krankheitsverläufe anbietet. Zudem können wir unsere Forschungsergebnisse direkt in die Praxis überführen, was ebenfalls die Versorgungsqualität von Patientinnen und Patienten verbessert“, so der UKB-Notfallpsychiater.
Beispiel des Patienten Leon Bischoff
Video: youtu.be/5XyyKTAx-OM
Bildmaterial:
Bildunterschrift: (v. r.): Max Benöhr, Sozialarbeiter am UKB, und Dr. Henrik Rohner, Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am UKB betreuen Patientinnen und Patienten, die häufig von mehreren Substanzen gleichzeitig abhängig sind und zudem psychiatrische Erkrankungen aufweisen.
Bildnachweis: Universitätsklinikum Bonn/K. Wislsperger
Pressekontakt:
Daria Siverina
stellv. Pressesprecherin am Universitätsklinikum Bonn (UKB)
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E-Mail: daria.siverina@ukbonn.de
Zum Universitätsklinikum Bonn: Im UKB werden pro Jahr etwa 500.000 Patient*innen betreut, es sind 8.800 Mitarbeiter*innen beschäftigt und die Bilanzsumme beträgt 1,5 Mrd. Euro. Neben den über 3.300 Medizin- und Zahnmedizin-Studierenden werden pro Jahr weitere 580 Frauen und Männer in zahlreichen Gesundheitsberufen ausgebildet. Das UKB steht im Wissenschafts-Ranking auf Platz 1 unter den Universitätsklinika (UK) in NRW, weist den dritthöchsten Case Mix Index (Fallschweregrad) in Deutschland auf und hatte in den Corona- Jahren 2020 und 2021 als einziges der 35 deutschen Universitätsklinika einen Leistungszuwachs.