Abschlussbericht zum Forschungsprojekt ARA veröffentlicht
Weitergehende Abwasserbehandlung effektiv gegen Antibiotikaresistenzen
Bonn, 4. Februar 2025 – Im Forschungsprojekt ARA – Antibiotika und Antibiotikaresistenzen im Abwasser (2020-2023) haben das Institut für Hygiene und Public Health (IHPH) des Universitätsklinikums Bonn (UKB) und der Erftverband den Beitrag kleiner und mittelgroßer Krankenhäuser (Kliniken der Grund- und Regelversorgung) zur Verbreitung von Antibiotika und Antibiotikaresistenzen über den Abwasserpfad erforscht. Dazu gehörte auch die Untersuchung verschiedener Gegenmaßnahmen auf Ebene der weitergehenden Abwasserbehandlung. Das Projekt wurde vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (MUNV NRW) gefördert. Die Ergebnisse des Projektes sind 2024 in einem Abschluss- sowie Kurzbericht veröffentlicht worden.
Erftverband und IHPH haben in ARA ihre Zusammenarbeit im Rahmen des deutschlandweiten Verbundforschungsprojekts HyReKA (2016–2019) zum Thema Resistenzverbreitung im Abwasser fortgesetzt. Konkret wurden zwei Abwassermonitoring-Programme zur Datenerhebung bezüglich Antibiotika, Antibiotikaresistenten Bakterien und Antibiotikaresistenzgenen durchgeführt:
- Erstens zum Resistenzaufkommen in den klinischen Abwässern aus zwei Krankenhäusern inklusive der beiden nachgeschalteten kommunalen Kläranlagen des Erftverbandes (die Kläranlage Grevenbroich bzw. das Gruppenklärwerk Euskirchen-Kessenich, jeweils mit konventionell-dreistufiger Abwasserbehandlung).
- Zweitens zum Rückhalt von Antibiotika und Antibiotikaresistenzen in Kläranlagen des Erftverbandes mit weitergehender Abwasserbehandlung: Der Kläranlage Bergheim-Glessen und dem Gruppenklärwerk Kaarst-Nordkanal mit Membranbioreaktor (MBR) sowie der Kläranlage Rheinbach, der ein Retentionsbodenfilter mit beigemischter granulierter Aktivkohle nachgeschaltet ist (RBFplus).
Im Projekt wurde das überall verbreitete Vorkommen von Antibiotika, antibiotikaresistenten Bakterien und Resistenzgenen im kommunalen Abwasser mit und ohne Klinikeinfluss bestätigt. Gleichzeitig wurde aufgezeigt, dass multiresistente Krankheitserreger (hier vor allem Erreger der besonders kritischen 4MRGN-Gruppe) sowie Reserveantibiotika in höherem Maße von Krankenhäusern in die Kanalisation eingebracht werden. Die Gesamtfreisetzung multiresistenter Krankheitserreger (3MRGN- und 4MRGN-Erreger) ist bei den untersuchten Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung vergleichbar mit der in HyReKA untersuchten Maximalversorger-Klinik. Ob und in welchem Maße ein Wachstumstrend bei der Verbreitung multiresistenter Krankheitserreger im Abwasser existiert, konnte im Projekt nicht abschließend beantwortet werden und sollte mithilfe systematischer Langzeituntersuchungen abgeklärt werden.
Konventionelle Kläranlagen mit dreistufiger Abwasserbehandlung erzielen eine Verringerung der Konzentrationen antibiotikaresistenter Bakterien im Abwasser um bis zu 99,9 Prozent. Für einen vollständigen Rückhalt wird jedoch eine weitergehende Abwasserbehandlung benötigt. In diesem Zusammenhang konnte im ARA-Projekt aufgezeigt werden, dass das naturnahe und im Betrieb kostengünstige Verfahren des RBFplus ähnlich gute Resultate beim Rückhalt von Antibiotikaresistenzen erzielt wie die untersuchten Kläranlagen mit MBR. Eine zentrale „end-of-pipe“-Lösung zur Entfernung von Antibiotikaresistenzen aus dem Abwasser (d. h. die Ertüchtigung kommunaler Kläranlagen mittels Verfahren der weitergehenden Abwasserbehandlung) erscheint hierbei leichter realisierbar als eine dezentrale Abwasserbehandlung an Krankenhäusern, widerspricht allerdings potenziell dem Verursacherprinzip. Die Frage nach einer dezentralen oder zentralen Lösung ist nach derzeitigem Kenntnisstand nicht pauschal zu beantworten und erfordert passgenaue Einzelfallentscheidungen. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auch die Rolle von Mischwasserabschlägen zu berücksichtigen, die große Frachtanteile (antibiotikaresistenter) Bakterien – inklusive multiresistenter Krankheitserreger – an den Kläranlagen vorbei in die aquatische Umwelt einleiten.
Weitere Informationen:
Bildmaterial:
Bildunterschrift: Kläranlage Rheinbach, der ein Retentionsbodenfilter mit beigemischter granulierter Aktivkohle nachgeschaltet ist (RBFplus).
Bildnachweis: Erftverband
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Daria Siverina
Stellv. Pressesprecherin am Universitätsklinikum Bonn (UKB)
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Zum Universitätsklinikum Bonn: Im UKB finden pro Jahr etwa 500.000 Behandlungen von Patient*innen statt, es sind ca. 9.500 Mitarbeiter*innen beschäftigt und die Bilanzsumme beträgt 1,8 Mrd. Euro. Neben den 3.500 Medizin- und Zahnmedizin-Studierenden werden pro Jahr 550 Personen in zahlreichen Gesundheitsberufen ausgebildet. Das UKB steht in der Focus-Klinikliste auf Platz 1 unter den Universitätsklinika (UK) in NRW, hatte in 2023 in der Forschung über 100 Mio. Drittmittel und weist den zweithöchsten Case Mix Index (Fallschweregrad) in Deutschland auf. Das F.A.Z.-Institut hat das UKB mit Platz 1 unter den Uniklinika in der Kategorie „Deutschlands Ausbildungs-Champions 2024“ ausgezeichnet.