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Wie kann eine Selbsttötung verhindert werden?  Prof. Maier zum Welttag der Suizidprävention + + + mehr:

In Deutschland sterben mehr Menschen durch Suizid als durch Verkehrsunfälle. Nach jahrelang sinkenden Suizidraten steigen diese seit wenigen Jahren wieder an. Ungefähr 10.000 Menschen sterben jährlich durch eigene Hand – eine zu vermutende Dunkelziffer nicht mit eingerechnet. In der Öffentlichkeit ist das Thema Suizid weitgehend tabuisiert und verdrängt – und zwar nicht nur in Deutschland. Anlässlich des diesjährigen Welttags der Suizidprävention am 10. September, den die Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit 2013 ausruft, nimmt Prof. Dr. Wolfgang Maier, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Bonn, Stellung:

 

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  Wo sehen Sie die Ursachen, dass so viele Menschen in Deutschland in einer Lebenskrise keinen anderen Ausweg als Selbsttötung sehen?  Die überwiegende Mehrzahl von Selbsttötungen erfolgt im Rahmen psychischer Krankheit, vor allem bei depressiven Störungen. Krankheitsbedingt werden bewältigbare Lebensschwierigkeiten als übermäßig bedrohlich und ausweglos erlebt, während objektiv positive Perspektiven verkannt werden. Das Risiko ist zudem merklich gesteigert, wenn durch Alkohol- oder Drogenmissbrauch die Hemmschwelle sinkt oder wenn durch frühere Missbrauchserfahrungen Selbstaggression entsteht. Aber es gibt auch den Selbsttötung ohne psychische Krankheit, aufgrund selbstbestimmter, autonomer Entscheidung, zum Beispiel bei schwerer Krankheit im Endstadium. Hier spielen persönliche Werthaltungen, und das Fehlen sozialer und religiöser Bindungen eine wichtige Rolle. Wie kann man suizidgefährdete Menschen erkennen und ihnen helfen?  Vielen Selbsttötungen gehen Suizidgedanken voraus, die sich in Andeutungen oder gar Drohungen äußern, oft im Zustand von Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Solche „Hilferufe“ sollten unbedingt ernst genommen werden, und zwar vom sozialen Umfeld und gegebenenfalls von behandelnden Ärzten und Therapeuten. Menschen mit ernsthaften Suizidabsichten ziehen sich vorher häufig in sich zurück und brechen die Brücken zu anderen ab. Wenn Nahestehende in dieser Situation das vertrauensvolle Gespräch suchen, können sie damit die beabsichtigte Tat noch verhindern. Bei ausgeprägten Depressionen gelingt es jedoch oft nicht mehr, den Suizidenten im Gespräch zu erreichen. Hier ist professionelle Hilfe durch Ärzte und Kliniken gefragt. Es gibt starke Hinweise darauf, dass mit einer verbesserten, fachgerechten Erkennung und Behandlung von Depressionen die Suizidraten fallen. Diese Entwicklung gilt auch für Deutschland: so fiel die Zahl der Suizide von 1990 bis 2007 um mehr als 40 Prozent während die Qualität der Depressionsbehandlung stieg; seither nimmt bedauerlicherweise die Suizidrate wieder leicht zu. Suizidprävention ist auch eine gesellschaftliche Aufgabe. Was können Gesellschaft und Politik tun? Suizidalität ist bei 10.000 Todesfällen im Jahr in Deutschland ein eminentes Thema für die öffentliche Gesundheit. Neben Aufkärungs-Kampagnen, die in vielen Ländern suizidreduzierend gewirkt haben, ist es besonders wichtig, Depression und Angsterkrankungen bei Jugendlichen zu bekämpfen. Denn in dieser Altersgruppe ist Suizid in Deutschland die führende Todesursache. So müssten zum Beispiel die erfolgreichen Modelle zur Suizidprävention in Schulen eine größere Verbreitung finden. Politik kann auch soziale Lebensbedingungen beeinflussen, die suizidfördernd sind. Das gilt vor allem für die Vereinsamung im Alter, ein enormes und derzeit noch verkanntes Problem gerade in Großstädten. Das kann beispielsweise durch die Förderung sozialer Lebensformen wie Wohngemeinschaften und Mehrgenerationenhäuser als besonderes Angebot für ältere, kranke Menschen geschehen. Wie kann Angehörigen und Betroffenen geholfen werden? Häufig treffen Suizide die Nahestehenden völlig unvorbereitet, was drängende Fragen und Schuldgefühle hervorruft – vor allem dann, wenn die Hinterbliebenen den Entschluss zur Selbsttötung nicht verstehen. Dabei trifft diese überwiegend gar keine objektive Schuld. Suizide sollten in Familien nicht tabuisiert werden, sondern offen besprochen werden. Denn Verstehen entlastet! Ärzte und Therapeuten können hier zusätzlich unterstützen, vor allem bei komplizierten, langfristigen Trauerreaktionen, die auch bei den Hinterbliebenen depressive Erkrankungen auslösen können. Besonders hart trifft es jüngere Kinder, wenn ein Elternteil Selbstmord begeht. Eine lebenslange Neigung zu psychischer Krankheit kann daraus resultieren. Hier muss unbedingt therapeutische Hilfe für die Hinterbliebenen gesucht werden, um diese Zukunftsrisiken zu mildern. Ratsuchende können sich unter der Telefonnummer 0228/287-15732 an die Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie wenden. Vertreter der Medien sind eingeladen Fragen an Prof. Maier zu stellen, der gerne für ein Gespräch zur Verfügung steht: Prof. Dr. Wolfgang Maier Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinikum Bonn Telefon: 0228/287-15722 E-Mail: Wolfgang.Maier@ukb.uni-bonn.de Bilder: Der Abdruck im Zusammenhang mit der Nachricht ist kostenlos, dabei ist der angegebene Bildautor zu nennen. Welttag der Suizidprävention: Prof. Dr. Wolfgang Maier (c) privat https://cams.ukb.uni-bonn.de/presse/pm-179-2015/images/ProfMaier.jpg
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