Das Team des Hebammenkreissaals
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Natürliche Geburt im Haus der Maximalversorgung

10 Jahre hebammengeleiteter Kreißsaal am Universitätsklinikum Bonn

Die Geburt eines Kindes ist ein besonderes Ereignis: Höchst intim, emotional und auch schmerzbehaftet, ein natürliches Geschehen, aber nie ganz ohne Risiko für Mutter und Kind. Der medizinische Fortschritt hat diese Risiken verringert, den Geburtsvorgang aber immer mehr zu einer medizinischen Leistung gemacht. Für Frauen, die sich eine weitestgehend natürliche Geburt wünschen, hat das Universitätsklinikum Bonn (UKB) vor zehn Jahren den hebammengeleiteten Kreißsaal eingerichtet. Dieses Jubiläum wurde heute von Hebammen, Ärzten, Pflege- und Klinikleitung gemeinsam gefeiert.

Seit November 2009 haben rund 400 Frauen ihre Kinder im hebammengeleiteten Kreißsaal auf dem Venusberg nur unter der Obhut einer Hebamme zur Welt gebracht. „Jahrhundertelang haben Hebammen mit ihrem Fachwissen Frauen und Kindern bei dem komplexen, aber natürlichen Geburtsprozess alleine beigestanden. Diese Eigenständigkeit
wollten wir den Hebammen und den Frauen im Klinikalltag zurückgeben“, so Alexander Pröbstl, Pflegedirektor am UKB. So stärke man die Hebammen in ihrem Expertenwissen zur physiologischen Geburt und fördere gleichzeitig die Sicherheit und die kooperative Zusammenarbeit mit dem Ärzteteam.

Wenn heutzutage auch andere Krankenhäuser einen hebammengeleiteten Kreißsaal anbieten, war er vor zehn Jahren eine eher ungewöhnliche Einrichtung. Damals gab es fast ausschließlich ärztlich geleitete Geburten, die in einigen Kliniken mit einer hohen Zahl routinemäßiger Interventionen wie Dammschnitten, zügigen Gaben von Anästhesien und Wehenmitteln einhergingen. Dieser Entwicklung wollte das UKB etwas entgegensetzen, um die individuellen Bedürfnisse von gesunden Gebärenden mit unauffälligem Schwangerschaftsverlauf zurück in den Mittelpunkt zu rücken. „In zwei umfangreichen Vorgesprächen gehen wir seither mit den Frauen ihre bisherige Schwangerschaft durch und nehmen ihre individuellen Bedürfnisse auf“, beschreibt Karin Ballat, leitende Hebamme der Abteilung für Geburtshilfe und Pränatale Medizin, das Angebot des hebammengeleiteten Kreißsaals. „Das kann beispielsweise der Umgang mit Schmerzen ebenso wie das Interesse an einer Wassergeburt oder die Bedeutung des Bondings mit dem Kind sein. Wenn die Frauen dann zur Geburt auf den Venusberg kommen, können wir den Geburtsprozess sehr individuell gestalten und ohne ärztliche Begleitung betreuen.“ Nur bei unvorhergesehenen Entwicklungen und Krisensituationen wird ein Arzt hinzugezogen.

An der Feierstunde nahm auch Yildiz Belabbes teil, die als erste Frau ihr Kind im hebammengeleiteten Kreißsaal zur Welt gebracht hat: „Nach einer ersten, sehr schweren Geburt an einer anderen Klinik habe ich mich ganz bewusst für eine Geburt im hebammengeleiteten Kreißsaal entschieden. Diese Erfahrung wünsche ich jeder werdenden Mutter. Ich habe mich sicher und wohlgefühlt, wurde verstanden und ernstgenommen. So habe ich die Geburt trotz Schmerzen bewusst erleben und genießen können.“ Mittler-weile hat die 34-jährige auch ihr drittes Kind im hebammengeleiteten Kreißsaal geboren.

Neben dem Geburtserlebnis der einzelnen Frauen hat sich durch die Erfahrungen im hebammengeleiteten Kreißsaal auch der Arbeitsalltag der geburtshilflichen Mitarbeiter am UKB im Laufe der zehn Jahre verändert. „Der Handlungsspielraum, den wir als Hebammen verantwortlich nutzen, hat das Vertrauensverhältnis zwischen uns und den Ärzten gestärkt und einen Austausch auf Augenhöhe bewirkt“, so Ballat. Dies bestätigt auch Prof. Ulrich Gembruch, Direktor der Abteilung für Geburtshilfe und Pränatale Medizin am UKB: “Wir Ärzte erleben in der täglichen Arbeit, wie gut die Frauen in den Händen der Hebammen aufgehoben sind. Gleichzeitig können wir darauf vertrauen, dass wir bei plötzlich auftretenden Komplikationen rechtzeitig hinzugezogen werden.
Dieses Wissen entlastet uns.“

Das Konzept des hebammengeleiteten Kreißsaals wird seit 2018 im Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, gefördert vom Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen in einem Forschungsprojekt wissenschaftlich untersucht. Dabei werden für NRW die Entscheidungskriterien der Schwangeren zur Wahl eines Entbindungsmodells, ihre Bewertung der Betreuung und die medizinische Sicherheit betrachtet. Zudem wird ein Best-Practice-Modell erarbeitet. Daneben findet am 4. März 2020 am UKB ein Symposium statt, in dem Hebammen, Geburtshelfer, andere interessierte Kollegen und die Politik gemeinsam auf die Erfahrungen mit dem Konzept des hebammengeleiteten Kreißsaals zurückschauen, sich dazu austauschen und erste Studienergebnisse kennenlernen.

Pressekontakt:
Susanne Wagner
stellv. Pressesprecherin am Universitätsklinikum Bonn (UKB)
Telefon: 0228 287-19891
E-Mail: susanne.wagner@ukbonn.de

Bildunterschrift:
Feierten gemeinsam das Jubiläum des hebammengeleiteten Kreissaals: Das Team des Hebammenkreissaals mit Yildiz Belabbes (Mitte unten), die erste Frau die im hebammengeleiteten Kreissaal entbunden hat, mit Familie, Alexander Pröbstl (Mitte oben), UKB-Pflegedirektor, Prof. Ulrich Gembruch (1. V. r.), Direktor der Abteilung für Geburtshilfe und Pränatale Diagnostik, und Karin Ballat, leitende Hebamme der Abteilung für Geburtshilfe und Pränatale Medizin.

Bildnachweis:
Universitätsklinikum Bonn (UKB)/A. Winkler

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