Professor Wolff mit zwei Patientinnen
VERFASST VONukbnewsroom

Ein zweites Leben dank neuer Option bei Blutkrebs

Stammzelltransplantation von einem halbpassenden verwandten Spender am Uni-Klinikum Bonn

Kurz nach der ersten Stammzelltransplantation kam Anna G.s aggressiver Blutkrebs unerbittlich zurück. Doch Knochenmarkstammzellen des Vaters gaben der heute 27-Jährigen eine zweite Chance, dank eines innovativen Therapie-Angebots am Universitätsklinikum Bonn. Bis vor wenigen Jahren war die so genannte haploidente Stammzelltransplantation mit Eltern oder Kinder als halbpassenden Spender bei akuten Leukämie nur durch sehr aufwendige Verfahren möglich. Eine nun in Europa sowie weltweit immer häufiger genutzte Behandlungsstrategie haben Hämato-Onkologen an der Medizinischen Klinik III des Universitätsklinikum bereits bei mehr als 30 Patienten mit guten Ergebnissen eingesetzt. So hat Anna G. seit über zwei Jahren keinen Rückfall und damit auch gute Aussichten langfristig geheilt zu sein.

Vor drei Jahren musste sich auch Ingeborg G. der Diagnose „Akuter Blutkrebs“ stellen. Doch bei der heute 69-Jährigen hat sich nach der ersten Chemotherapie das Knochenmark nicht wieder regeneriert und bildete somit nicht genügend weiße Blutkörperchen. „Das Immunsystem unserer Patientin lag darnieder und die Gefahr einer nicht mehr kontrollierbaren Lungenentzündung vor allem durch Pilzinfektionen war groß. Daher war eine möglichst zeitnahe Stammzelltransplantation erforderlich“, sagt Prof. Dr. Dominik Wolf, Leiter der Knochenmarktransplantation (KMT) am Universitätsklinikum Bonn. Da aber so schnell kein passender Spender zu finden war, schlug er seiner Patientin die haploidente Variante der Stammzelltransplantation vor. „Meine drei Kinder standen sofort parat und mein zweiter Sohn eignete sich als Spender“, sagt Ingeborg G.

Der Trick ist, gezielt Fremdzellen vom Spender zu vernichten

Bei einer allogenen Stammzelltransplantation wird das krankhafte Knochenmark durch Blutstammzellen eines gesunden Spenders ersetzt. Dazu wird zunächst das erkrankte blutbildende System mittels Chemotherapie und eventuell einer Strahlentherapie zerstört. Im Idealfall vernichtet dann das neue vom Spender stammende Immunsystem die verbleibenden Reste des alten Knochenmarks beziehungsweise bisher nicht eliminierter Leukämiezellen. Damit Abwehrzellen des Spenders die Gewebemerkmale des Empfängers nicht als „fremd“ erkennen und auch dessen Organismus bekämpfen, galten bisher identische Gewebe-Merkmale der Blutzellen von Patient und Spender entscheidend für den Erfolg.

Dies ist aber bei Eltern und Kinder nicht der Fall, da alle Erbmerkmale – auch das so genannte HLA-System – je zur Hälfte von Vater und Mutter stammen. „Das innovative an der aktuellen Strategie der haploidenten Stammzelltransplantation ist, dass wir heute die große Barriere zwischen Spender und Empfänger mit einer Chemotherapie direkt nach der Transplantation durchbrechen können. So werden die Zellen, die gegen den Empfänger gerichtet sind, eliminiert bei zeitgleichem Schutz der Stammzellen und es gibt relativ geringe Komplikationsraten“, sagt Prof. Wolf. Genau die Erfahrung machte auch Ingeborg G, die anschließend kaum Beschwerden hatte.

Dank Knochenmarkzellen des Vaters eine starke Immunabwehr

Im Vergleich zur ersten Transplantation vertrug Anna G. die zweite Transplantation sogar viel besser und litt diesmal viel weniger unter den Nebenwirkungen wie ein schmerzender Ganzkörpermuskelkater. „Gerade für solche Patienten, die nach der klassischen Transplantation bereits frühzeitig einen Rückfall hatten, ist das haploidente Verfahren aufgrund der andersartigen immunologischen Überwachung der Leukämie eine interessante Therapieoption“, sagt Prof. Wolf. So bekämpft das vom Spender neugebildete Immunsystem erfolgreich die restlichen Leukämiezellen des Patienten – vermutlich durch die größeren Unterschiede zwischen den Gewebemerkmalen von Empfänger und Spender.

„Unsere Patientin war eine Hochrisikopatientin und die Gefahr eines zweiten Rückfalls war vor allem im ersten Jahr nach der zweiten Transplantation sehr hoch“, sagt Prof. Wolf. „Doch dank einer individualisierten Therapie und einer speziellen Nachsorge in enger Zusammenarbeit mit Partnern am Uniklinikum in Dresden, ist sie jetzt seit über zwei Jahren ohne Rückfall“, sagt Prof. Wolf, der sich an der wissenschaftlichen Entwicklung der haploidenten Transplantation mit beteiligt.

„Seit über zwei Jahr bin ich frei von Leukämie und das finde ich toll.“

Anna G. freut sich, dass sie wieder ein einigermaßen normales Leben führen kann. Sie hat ihre Ausbildung zur Mediengestalterin gestartet und wagte kürzlich nach längerer Zeit wieder eine Reise nach Costa Rica trotz des langen Fluges. Auch wird sich die 27-Jährige auch sportlich wieder mehr betätigen und tritt einem Badminton-Verein bei. „Ich bin zwar nicht mehr so topfit wie früher, aber es kommt“, sagt Anna G.

Ingeborg G. steigt dafür aufs Fahrrad. „Ich flitze jetzt wie vor der Leukämie durch die Gegend“, sagt die 69-Jährige, die kürzlich eine Schiffsreise rund um Spanien nach der erfolgreichen Stammzelltransplantation wieder wirklich genießen konnte. So empfiehlt Ingeborg G. jedem, der in einer solchen Situation ist, falls es keinen optimalen fremden Spender gibt, eine haploidente Transplantation zu machen.

Kontakt für die Medien: Prof. Dr. Dominik Wolf Medizinische Klinik III des Universitätsklinikums Bonn Telefon: 0228/287-17166 E-Mail: dominik.wolf@ukbonn.de

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