Europäische Arzneimittelagentur unterstützt Bewertung neuartiger Therapieendpunkte bei altersabhängiger Makuladegeneration (AMD)
MACUSTAR-Konsortium führt unter Koordination der Augenklinik des UKB eine europaweite klinische Studie zur AMD durch
Bonn, 24. Januar 2025 – Das europäische öffentlich-privatwirtschaftliche Kooperationsprojekt MACUSTAR hat von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ein drittes Unterstützungsschreiben erhalten. Hiermit unterstützt die EMA die internationalen Bestrebungen, den Wert neuer Messverfahren besser einzuordnen, die in Therapiestudien zu der häufigen Augenerkrankung altersabhängige Makuladegeneration (AMD) eingesetzt werden könnten. Mit dem Schreiben beantwortet die EMA vom MACUSTAR-Konsortium eingereichte Studienergebnisse, die mehr als 600 Europäer mit frühen Stadien der AMD über bis zu vier Jahre nachverfolgt haben. Die EMA würdigt die hohe Qualität und die Bedeutung der wissenschaftlichen Ergebnisse des MACUSTAR-Projekts für die mehr als 200 Millionen Patienten mit AMD weltweit.
AMD führt bei Menschen über 55 Jahren zu einer langsamen, aber fortschreitenden Verschlechterung des Sehvermögens durch den Untergang von Sinneszellen. Letztlich führt dieser Prozess in späten AMD-Stadien zu einem Funktionsverlust der Makula, dem anatomischen Zentrum der Netzhaut, welches für das hochaufgelöste Sehen verantwortlich ist. Auch wenn das feuchte AMD-Spätstadium mit Injektionen behandelt werden kann, ist ein Verlust der Sehfunktion durch einmal untergegangene Sinneszellen nicht wiederherstellbar. Daher zielen weltweite Initiativen auf die Entwicklung von Behandlungen in einem früheren Stadium der Krankheit ab, um einen unwiederbringlichen Verlust des Sehvermögens zu verhindern.
In der MACUSTAR-Studie wird untersucht, wie das Fortschreiten der AMD vorhergesagt werden kann und welche Messungen als Endpunkte für künftige Therapiestudien bei frühen AMD-Stadien genutzt werden könnten. Zu den eingesetzten Verfahren gehören hochauflösende Bildgebungsverfahren der Netzhaut, detaillierte Sehunktionstests und Patientenfragebögen zum Lebensalltag mit der Erkrankung. Zusätzlich zur Messung des Sehvermögens im Hellen wird in der MACUSTAR-Studie speziell auch das Sehen bei dunkleren Lichtverhältnissen und geringen Kontrasten untersucht, da diese Domänen der Sehfunktion in frühen AMD-Stadien häufig früher betroffen sind.
Im Mittelpunkt des MACUSTAR-Projekts steht eine Beobachtungsstudie mit 619 Patienten mit früher und intermediärer AMD, die an 20 klinischen Studienzentren in sieben europäischen Ländern untersucht werden. MACUSTAR ist die bisher größte systematische Studie zur intermediären AMD, die zusätzlich zu den bildgebenden Verfahren funktionelle und patientenrelevante Veränderungen im Krankheitsverlauf misst. Ziel des MACUSTAR-Konsortiums ist es, Hochrisikomarker für das Fortschreiten der intermediären AMD zur späten AMD zu identifizieren und Studienkonzepte zu entwickeln. Zu diesem Zweck bemüht sich das Forschungskonsortium auch in Zukunft weiterhin um Unterstützung durch Zulassungsbehörden wie die EMA.
Während die Nachbeobachtung von Teilnehmern der MACUSTAR-Studie weiterläuft, liegen bereits Datensätze über bis zu vier Jahre vor. Diese liefern wertvolle Erkenntnisse darüber, wie sich das Sehvermögen und die Anatomie der Netzhaut bei AMD verändern. Die Forscher des MACUSTAR-Konsortiums haben diese vierjährigen Längsschnittdaten analysiert und neue, innovative Wege gefunden, um Hochrisikopatienten zu identifizieren und künftige klinische Studien zu konzipieren, beispielsweise auf der Grundlage der optischen Kohärenztomographie (OCT) und der Mikroperimetrie. Mithilfe dieser beiden Untersuchungen bestätigt das MACUSTAR-Konsortium erstmals den Wert anatomischer Untersuchungen und Sehfunktionstests in frühen AMD-Stadien unabhängig voneinander.
Dies ist von besonderer Bedeutung, da die derzeitigen AMD-Klassifikationssysteme ausschließlich auf strukturellen Veränderungen im Auge beruhen. Die im Rahmen von MACUSTAR neu entwickelten Ansätze können direkt in zukünftige Arzneimittelstudien einfließen und somit AMD-Patienten in naher Zukunft dienen. Darüber hinaus ergaben die Analysen, dass die von den Patienten berichteten Einschränkungen im eingesetzten Vision Impairment in Low Luminance-Fragebogen die Entwicklung eines fortgeschrittenen Krankheitsstadiums über vier Jahre vorhersagen, was die Bedeutung der Befragung der Patienten nach ihren Symptomen zum Sehvermögen unterstreicht. Die EMA unterstützt in ihrer rezenten unabhängigen Bewertung diese wichtigen Vierjahres-Ergebnisse der MACUSTAR-Studie, was neue Möglichkeiten für die Planung klinischer Studien und schließlich für den Wirkungsnachweis neuer Therapien für frühe AMD-Stadien eröffnet. Die EMA unterstützt auf der Grundlage der MACUSTAR-Daten insbesondere Bildgebungsverfahren und Sehfunktionstests zur Vorhersage der Prognose der intermediären AMD. Dies könnte in Zukunft eine bessere Stratifizierung der Krankheitsstadien in Unterkategorien ermöglichen.
Diese Ergebnisse unterstreichen den hohen Wert der MACUSTAR-Studiendaten für von einer AMD betroffene Menschen weltweit. Das MACUSTAR-Konsortium erwartet die Daten der sechsjährigen Nachbeobachtungsphase bis 2027. Auf Grundlage dieser Daten wird ermöglicht, die Definition der klinischen Endpunkte für künftige Arzneimittelprüfungen bei frühen AMD-Stadien weiter zu präzisieren.
Weitere Informationen: https://www.ema.europa.eu/en/documents/other/letter-support-intermediate-age-related-macular-degeneration-amd-biomarker-novel-clinical-endpoint-development_en.pdf
Das MACUSTAR Konsortium hat eine Förderung von dem Innovative Medicines Initiative 2 Programm (Grant-Nummer 116076) erhalten, unterstützt vom Horizon 2020 Rahmenprogramm für Forschung und Innovation der Europäischen Union und EFPIA. Durch eine weitere Förderung durch Bayer, Novartis und Roche konnte die Studie um drei Jahre bis 2027 verlängert werden.
Wissenschaftlicher Kontakt:
Prof. Dr. med. Frank G. Holz, FEBO, FARVO
Direktor der Augenklinik des Universitätsklinikums Bonn
Venusberg Campus 1
53127 Bonn
Tel. 0228 287 15647
frank.holz@ukbonn.de
www.ukbonn.de/augenklinik
Bildmaterial:
Bildunterschrift: Abbildung 1: Farbfundusfotografie (links) und optische Kohärenztomographie (rechts) eines linken Auges mit Ablagerungen bei intermediärer AMD
Bildnachweis: Universitätsklinikum Bonn (UKB)
Pressekontakt:
Viola Röser
Pressesprecherin am Universitätsklinikum Bonn (UKB)
Stabsstelle Kommunikation und Medien am Universitätsklinikum Bonn
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E-Mail: viola.roeser@ukbonn.de
Zum Universitätsklinikum Bonn: Im UKB finden pro Jahr etwa 500.000 Behandlungen von Patient*innen statt, es sind ca. 9.500 Mitarbeiter*innen beschäftigt und die Bilanzsumme beträgt 1,8 Mrd. Euro. Neben den 3.500 Medizin- und Zahnmedizin-Studierenden werden pro Jahr 550 Personen in zahlreichen Gesundheitsberufen ausgebildet. Das UKB steht in der Focus-Klinikliste auf Platz 1 unter den Universitätsklinika (UK) in NRW, hatte in 2023 in der Forschung über 100 Mio. Drittmittel und weist den zweithöchsten Case Mix Index (Fallschweregrad) in Deutschland auf. Das F.A.Z.-Institut hat das UKB mit Platz 1 unter den Uniklinika in der Kategorie „Deutschlands Ausbildungs-Champions 2024“ ausgezeichnet.