Hämophilie-Zentrum des Universitätsklinikums Bonn erhält Zulassung für Gentherapien
Innovative, medikamentenfreie Behandlung von Hämophilie für Betroffene ab 2025 möglich
Bonn, 06. Januar 2025 – Das Hämophilie-Zentrum des Universitätsklinikum Bonn (UKB) hat die Zulassung für die Anwendung der Gentherapie bei Patientinnen und Patienten mit einer Hämophilie (Bluterkrankheit) erhalten. Damit steht den Betroffenen eine weitere innovative Therapieoption zur Verfügung, welche es ermöglicht, ganz ohne regelmäßige Gabe von Medikamenten oder Injektionen, effektiv Blutungen zu verhindern und ein nahezu normales Leben zu führen.
Bei der Hämophilie (Bluterkrankheit) handelt es sich um eine Erbkrankheit, bei welcher den Betroffenen die Gerinnungsfaktoren VIII (Hämophilie A) oder IX (Hämophilie B) fehlen, was zu spontanen oder langanhaltenden Blutungen führt. Die gängige Therapie besteht aus der regelmäßigen Gabe von Medikamenten, welche den fehlenden Gerinnungsfaktor in seiner Funktion ganz oder teilweise ersetzen. Die meisten Medikamente (Gerinnungsfaktorkonzentrate) müssen von den Patientinnen und Patienten selbst in die Vene gespritzt werden. Alternativ können einige Medikamente (Emicizumab, Marstacimab) subkutan, also unter die Haut, verabreicht werden.
Die Gentherapie hingegen geht noch einen entscheidenden Schritt weiter: Dabei wird ein gesundes Gen, das den fehlenden Gerinnungsfaktor produziert, in die Leberzellen der Patientinnen und Patienten eingeführt. Sobald das Gen in den Leberzellen angekommen ist, beginnen diese, den fehlenden Gerinnungsfaktor in ausreichender Menge selbstständig zu produzieren. Dadurch entfällt die regelmäßige Gabe von Medikamenten oder Injektionen vollständig, da der Körper nun kontinuierlich den Gerinnungsfaktor produziert und Blutungen somit effektiv verhindert werden. Aktuell sind zwei Gentherapien zugelassen: Roctavian für die Hämophilie A und Hemgenix für die Hämophilie B.
Das Hämophilie-Zentrum des UKB hat im Rahmen klinischer Studien bereits zwei Patienten erfolgreich mit diesen Therapien behandelt. Ein Patient mit Hämophilie A erhielt die Gentherapie vor 5,5 Jahren, ein weiterer mit Hämophilie B vor 3,5 Jahren. Beide Patienten haben seitdem keine Blutungen mehr erlitten und benötigen keine zusätzlichen Gerinnungsfaktoren.
Im Dezember erteilte der Medizinische Dienst Nordrhein dem Hämophilie-Zentrum des UKB nun die offizielle Genehmigung, Gentherapien bei Hämophilie-Patientinnen und Patienten routinemäßig durchzuführen. „Mit der Gentherapie können Betroffene ein Leben führen, das sie im Alltag nicht mehr an ihre Krankheit erinnert“, betont Prof. Johannes Oldenburg, Komm. stellv. Ärztlicher Direktor des UKB und Direktor des Instituts für Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin am UKB, zu dem auch das Hämophilie-Zentrum gehört. „Das ist ein Meilenstein in Richtung eines normalen Lebens.“
Das Hämophilie-Zentrum des UKB ist eines der größten seiner Art in Deutschland. Jährlich werden dort über 1.500 Patientinnen und Patienten mit verschiedenen Formen der Hämophilie betreut – im Rahmen von rund 4.200 ambulanten Untersuchungen und 250 stationären Aufenthalten pro Jahr.
Bildmaterial:
Bildunterschrift: Im Hämophilie-Zentrum des UKB werden ab 2025 auch Gentherapien zur Behandlung der Bluterkrankheit angeboten.
Bildnachweis: Universitätsklinikum Bonn (UKB)
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Stellvertretende Pressesprecherin am Universitätsklinikum Bonn (UKB)
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Zum Universitätsklinikum Bonn: Im UKB finden pro Jahr etwa 500.000 Behandlungen von Patient*innen statt, es sind ca. 9.500 Mitarbeiter*innen beschäftigt und die Bilanzsumme beträgt 1,8 Mrd. Euro. Neben den 3.500 Medizin- und Zahnmedizin-Studierenden werden pro Jahr 550 Personen in zahlreichen Gesundheitsberufen ausgebildet. Das UKB steht in der Focus-Klinikliste auf Platz 1 unter den Universitätsklinika (UK) in NRW, hatte in 2023 in der Forschung über 100 Mio. Drittmittel und weist den zweithöchsten Case Mix Index (Fallschweregrad) in Deutschland auf. Das F.A.Z.-Institut hat das UKB mit Platz 1 unter den Uniklinika in der Kategorie „Deutschlands Ausbildungs-Champions 2024“ ausgezeichnet.