Interprofessionelles Kommunikationstraining erhöht Patientensicherheit und Versorgungsqualität
Bonner Pilotstudie fließt in Entwicklung eines deutschlandweit innovativen Ausbildungskonzeptes ein
Bonn, 19. Januar – Eine gute Kommunikation und Kooperation zwischen ärztlichem und pflegerischem Personal kann Behandlungsfehlern in der stationären Krankenhausversorgung vorbeugen und damit für Patienten und Patientinnen mitunter lebensentscheidend sein. Die positiven Ergebnisse einer Pilotstudie mit Medizinstudierenden der Universität Bonn und Auszubildenden in der Krankenpflege am Universitätsklinikum Bonn (UKB) untermauern diese Annahme. Die Ergebnisse der Pilotstudie sind jetzt im Journal BMC Medical Education veröffentlicht worden.
Eine gute Gesundheitsversorgung kann in einer Klinik nur gelingen, wenn der Kommunikations- und Informationsfluss zwischen den verschiedenen Berufsgruppen weitestgehend reibungslos funktioniert, Zuständigkeiten und Arbeitsabläufe klar sind sowie der Patient oder die Patientin in das Zentrum der Bemühungen gestellt wird. Für eine effektive, offene und wertschätzende Kommunikation, die Konflikten und Behandlungsfehlern vorbeugen kann, ist jedoch nicht nur ein guter Wille der verschiedenen Berufsgruppen nötig, sondern auch Training und Praxis.
Innovatives Lehrprojekt trainiert interprofessionelle Zusammenarbeit
Damit Studierende der Humanmedizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn und Auszubildende zum*zur Pflegefachmann*frau am UKB bereits in der Ausbildung lernen, als interprofessionelles Team zu arbeiten und zu entscheiden, wurde ein interprofessionelles Kommunikationstraining entwickelt und im Rahmen einer Pilotstudie begleitet. Das Projekt wurde gemeinsam von der Forschungsstelle für Gesundheitskommunikation und Versorgungsforschung (CHSR) der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am UKB unter Leitung von Prof. Nicole Ernstmann, die auch an der Universität Bonn sowie der Universität Köln forscht, sowie dem Ausbildungszentrum für Pflegeberufe (ABZ) am UKB unter der Leitung von Dr. Sebastian Nies umgesetzt. Das Studiendekanat hat das Forschungsprojekt im Rahmen der Ausschreibung „Gemeinsam von und miteinander Lernen – Interprofessionelle Lehrprojekte“ an der Medizinischen Fakultät Bonn gefördert.
Interprofessionelle Kommunikation kann Medikationsfehlern vorbeugen
„Interprofessionelle Kommunikation beschreibt die Wortwechsel zwischen der Ärzteschaft und der Pflege im Stationsalltag, beispielsweise während der gemeinsamen Visite oder bei Fall- und Dienstbesprechungen. Kommt es hierbei zu Defiziten, entstehen schnell Situationen mit Fehlern oder Beinahe-Fehlern, unter anderem im Medikationsprozess. Diese können dann wiederum die Patientensicherheit gefährden und verursachen unnötige Kosten“, führt Dr. Lina Heier, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am CHSR, aus. „Deshalb haben wir das gemeinsame Kommunikationstraining für Auszubildende in der Pflege und Medizinstudierende am Standort Bonn entwickelt und im Rahmen der Pilotstudie evaluiert, ob die Kommunikation bei Medikationsfehlern dadurch verbessert werden kann. Die Ergebnisse werden uns dabei helfen eine qualitativ hochwertige, sowie interprofessionelle Lehre zu fördern und zu verbessern“, so Dr. Heier weiter.
Studie erfragt Aspekte zu Machbarkeit, Zusammenarbeit und zu gewonnenen Fertigkeiten
Die quasi-experimentelle Studie verglich Medizinstudierende (3. Jahr) und Auszubildende zum*zur Pflegefachmann*frau (2. Jahr), die ein interprofessionelles Kommunikationstraining mit Simulationspersonen erhielten mit einer Kontrollgruppe. Insgesamt beteiligten sich an der Studie 154 Medizinstudenten und 67 Auszubildende zum*zur Pflegefachmann*frau. Die Studiengruppe sowie die Kontrollgruppe füllten vor und nach dem Training (Prä-Post-Design) identische Fragebögen aus, wobei unter anderem eine selbst entwickelte Skala zur interprofessionellen Fehlerkommunikation verwendet wurde. Anschließen sind Veränderungen in der interprofessionellen Fehlerkommunikation mit verschiedenen Methoden untersucht worden. Nach dem Training wurden signifikante Verbesserungen in der Skala „Interprofessionelle Fehlerkommunikation“ sowie in der Subskala „Teamarbeit, Rollen und Verantwortlichkeiten“ beobachtet. Die Medianwerte der Subskala „Patientenzentriertheit“ waren sowohl in der Studien-, als auch in der Kontrollgruppe ähnlich und blieben nach der Schulung unverändert.
Dr. Lina Heier fasst die Bedeutung der positiven, klinisch relevanten Forschungsergebnisse nochmal zusammen: „Mit der Pilotstudie konnten wir zeigen, dass sich nach dem gemeinsamen Training beider Gesundheitsberufe die Einstellungen zur interprofessionellen Zusammenarbeit sowie die interprofessionelle Fehlerkommunikation verbessert haben und die interprofessionelle Zusammenarbeit sowie eine trainierte Kommunikation auf Augenhöhe ein Erfolgsfaktor für eine gute Patientenversorgung sein können.“
Publikation: Heier, L., Schellenberger, B., Schippers, A. et al. Interprofessional communication skills training to improve medical students’ and nursing trainees’ error communication – quasi-experimental pilot study. BMC Med Educ 24, 10 (2024). https://doi.org/10.1186/s12909-023-04997-5
Bildmaterial:
Eine Pilotstudie zeigte, dass sich nach dem gemeinsamen Training zweier Gesundheitsberufe die Einstellungen zur interprofessionellen Zusammenarbeit verbessert haben.
Bildnachweis: Universitätsklinikum Bonn (UKB)
Wissenschaftlicher Kontakt:
Dr. Lina Heier, M.Sc. Public Health
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Forschungsstelle für Gesundheitskommunikation und Versorgungsforschung der Universität Bonn
Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Universitätsklinikum Bonn
Tel.: +49 (0)228 287 13797
E-Mail: Lina.Heier@ukbonn.de
Pressekontakt:
Julia Weber
Pressereferentin und Medizinredakteurin
Stabsstelle Kommunikation und Medien am Universitätsklinikum Bonn
Telefon: (+49) 228 287-10469
E-Mail: julia.weber@ukbonn.de
Zum Universitätsklinikum Bonn: Im UKB werden pro Jahr etwa 500.000 Patient*innen betreut, es sind ca. 9.000 Mitarbeiter*innen beschäftigt und die Bilanzsumme beträgt 1,6 Mrd. Euro. Neben den 3.500 Medizin- und Zahnmedizin-Studierenden werden pro Jahr 550 Personen in zahlreichen Gesundheitsberufen ausgebildet. Das UKB steht im Wissenschafts-Ranking sowie in der Focus-Klinikliste auf Platz 1 unter den Universitätsklinika (UK) in NRW und weist den dritthöchsten Case Mix Index (Fallschweregrad) in Deutschland auf. Das F.A.Z.-Institut hat das UKB 2022 und 2023 als Deutschland begehrtesten Arbeitgeber und Ausbildungs-Champion unter den öffentlichen Krankenhäusern in Deutschland ausgezeichnet.