Dr. Silvia Poralla
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Warum sind Impfungen für Frühgeborene so wichtig?

Impfen schützt – das eigene Kind und andere Vortrag: Warum sind Impfungen für Frühgeborene so wichtig?

Am 17. November ist Weltfrühgeborenentag. Dazu veranstaltet das Perinatalzentrum am Universitätsklinikum Bonn seit 2015 ein Mini-Symposium für Eltern, Ärzte, Pflegende und Interessierte. Ein Thema dort ist in diesem Jahr der Impfschutz für Früh- und Risikogeborene. Dr. Silvia Poralla, Neonatologin am Universitätsklinikum Bonn, wird darüber sprechen, warum Impfungen gerade für diese Kinder so wichtig sind. Denn ihr Immunsystem ist noch nicht im selben Maße ausgeprägt wie das zeitgerecht geborener Kinder. Nach der ersten Sechsfachimpfung, die im Alter von zwei Monaten durchgeführt werden sollte, können bei allen Säuglingen lokale Reaktionen wie Hautrötungen, Schwellungen, Berührungsempfindlichkeit oder Allgemeinsymptome wie Fieber, Abgeschlagenheit und verminderter Schlaf auftreten. Bei Frühgeborenen kann es auch zu Atemaussetzern kommen. Die Risiken einer Impfung sind im Vergleich zu den Risiken der Erkrankung jedoch sehr gering. Vielmehr kann durch Impfungen ein umfassender Schutz vor Infektionskrankheiten wie Tetanus, Diphtherie, Polio, Keuchhusten oder Masern erreicht werden.

„Ein Neugeborenes, das termingerecht auf die Welt kommt, besitzt in den ersten Lebensmonaten einen gewissen ‚Nestschutz’ durch über die Nabelschnur übertragene mütterliche Abwehrstoffe“, wie Dr. Silvia Poralla, Neonatologin am Zentrum für Kinderheilkunde des Universitätsklinikum Bonn, erklärt. „Doch je früher ein Kind zur Welt kommt, desto geringer ist er. Zudem sind Frühgeborene insgesamt anfälliger für durch Impfungen vorbeugbare Erkrankungen.“ Vielen Eltern macht es zunächst einmal Angst, wenn ihr Frühgeborenes – noch so klein und zart – schon einer Impfung ausgesetzt werden soll. „Das ist eine Sorge, die wir ihnen nehmen müssen und sie davon überzeugen, dass es das Kind schützt und ihm nicht schadet.“ Die ersten Impfungen – den kombinierten Sechsfachschutz gegen Diphtherie, Tetanus (Wundstarrkrampf), Kinderlähmung (Polio), Keuchhusten (Pertussis), Haemophilus influenzae Typ b (Hib) und Hepatitis B sowie einen Impfstoff gegen Pneumokokken – erhalten auch Frühgeborene im Optimalfall im Alter von zwei Monaten. „Wir nehmen ihr Alter gerechnet ab dem Tag der Geburt als Ausgangspunkt und nicht den ursprünglich errechneten Geburtstermin“, fügt Poralla hinzu. Es folgen in festgelegten zeitlichen Abständen Auffrisch-Impfungen gegen oben genannte Erreger sowie gegen Masern, Röteln, Mumps, Windpocken und Meningokokken. Die Grundimmunisierung sollte bei allen Säuglingen zu Beginn des zweiten Lebensjahres abgeschlossen sein.

Impfungen beginnen nach zwei Lebensmonaten

Die flüssigen Sechsfach- und Pneumokokkenimpfstoffe werden in je einen Oberschenkel-Muskel gespritzt. Dadurch wird das Immunsystem angeregt, Abwehrstoffe gegen die genannten Infektionskrankheiten zu bilden. Je nach Impfstoff müssen diese aufgefrischt werden, um eine anhaltende Immunität aufzubauen. „Ein Vorteil der Kombinationsimpfstoffe besteht darin, dass wir den Kleinen diese Prozedur viel seltener zumuten müssen, als wenn wir jede Impfung einzeln durchführen würden“, sagt Neonatologin Poralla. „Mögliche Reaktionen können Rötungen, Schmerzen und Schwellungen an der Einstichstelle sein. In den Folgetagen können die Kinder insgesamt schlapper und quengeliger sein. Etwa so wie wir Erwachsenen, wenn wir eine Erkältung bekommen.“

Frühgeborene, die vor der 28. Schwangerschaftswoche geboren wurden, erhalten mindestens die erste Sechsfach- und Pneumokokkenimpfung in der Regel unter Beobachtung auf der neonatologischen Intensivstation. Gelegentlich kann es bei ihnen in den ersten zwei bis drei Tagen nach der Impfung zu spontanen Atemaussetzern, fachsprachlich Apnoe, kommen. „Das liegt daran, dass die Steuerung der Atmung durch das Gehirn bei den Frühchen noch nicht vollständig ausgebildet ist“, erklärt Poralla. „Manchmal brauchen die Kinder in dieser Situation noch einmal eine Atemunterstützung, meist reguliert sich die Atmung jedoch allein. Dank der Überwachung auf der Intensivstation können wir jederzeit eingreifen.“ So kommt es in der Regel auch zu keinen schwerwiegenden Komplikationen. „Und Befürchtungen, dass die Kombinationsimpfstoffe schlechter verträglich oder weniger wirksam sind, konnten in mehreren nationalen und internationalen Studien widerlegt werden“, sagt Poralla.

Impfen schützt nicht nur das eigene Kind

Es gibt, so Poralla, nur wenige Indikationen gegen eine Impfung von Frühgeborenen. „Man wird zum Beispiel kein Baby impfen, das noch beatmet werden muss, das eine akute Infektion, einen schweren Immundefekt hat oder dem unmittelbar eine Operation bevorsteht. Unter anderem deshalb ist es ja auch so wichtig, auf breiter Basis zu impfen, damit sich durch Impfungen vorbeugbare Infektionskrankheiten gar nicht erst verbreiten und diesen kleinen Patienten unter Umständen gefährlich werden können. Impfen schützt nicht nur das eigene Kind, sondern stärkt darüber hinaus auch die sogenannte Herdenimmunität“, hebt Poralla hervor. Einen Grund dafür, dass die Impfmüdigkeit generell in der Bevölkerung in den vergangenen Jahren zugenommen habe, sieht die Bonner Neonatologin darin, dass viele die Krankheiten, vor denen das Impfen schützt, nie selbst erlebt haben. „Für die Masern gilt das aber inzwischen leider nicht mehr.“ Und bei Säuglingen, speziell bei den Frühgeborenen, sollte man keinerlei Risiko eingehen.

Das Perinatalzentrum am Universitätsklinikum Bonn lädt Betroffene, Ärzte, Pflegende und Interessierte dazu ein, sich am Freitag, 17. November über dieses Thema auf dem 3. Mini-Symposium „Zu früh im Leben“ zu informieren. Die kostenlose Veranstaltung findet ab 18 Uhr im Hörsaal des Biomedizinischen Zentrums, Sigmund-Freud-Straße 25, auf dem Venusberg statt.

Das vollständige Programm gibt es unter: http://www.neonatologie-bonn.de/weltfruehgeborenentag-2017-2/

Kontakt für die Medien: Dr. Silvia Poralla Leitung Entwicklungsneurologische Ambulanz Neonatologie/Pädiatrische Intensivmedizin Zentrum für Kinderheilkunde am Universitätsklinikum Bonn Telefon: 0228/287-33259 E-Mail: silvia.poralla@ukbonn.de

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