Wie Immunzellen bei der Virusabwehr kommunizieren
Bonner Forschende entwickeln neue Techniken zur Analyse der Kommunikation von Immunzellen bei der Infektabwehr
Bonn, 25. April – Chemokine sind Signalproteine, mit denen Immunzellen ihren Kampf gegen Krankheitserreger und Tumore organisieren. Um dieses komplexe Netzwerk zu verstehen, wurden verschiedene Techniken entwickelt, die Chemokin-produzierende Zellen identifizieren. Jedoch konnte man bisher nicht ermitteln, welche Zellen auf die Chemokine reagieren. Forschende des Universitätsklinikums Bonn (UKB) und der Universität Bonn haben eine neue Klasse von genetisch veränderten Mäusen entwickelt, die eine gleichzeitige Identifizierung von Chemokinproduzenten und -sensoren ermöglicht. Am Beispiel des Chemokins Ccl3 fanden sie heraus, dass dessen Funktion bei der Immunabwehr von Viren anders ist als bisher angenommen. Ihre Ergebnisse sind jetzt in der Fachzeitschrift „Journal of Experimental Medicine“ erschienen.
Unsere Immunantwort bei Infektionen wird unter anderem durch Chemokine gesteuert. Um zu verstehen, wie diese Signalproteine Immunzellen bei Virusinfektionen koordinieren, nahmen Bonner Forschende das Chemokin Ccl3 unter die Lupe. Mittels einer neuartigen Technologie, den sogenannten Ccl3-EASER-Mäusen, untersuchten sie beispielhaft dessen Rolle bei der Koordination der Immunantwort gegen das Cytomegalovirus (CMV), das bei immunabwehrgeschwächten Personen zu schwerwiegenden Erkrankungen aller Organe führen kann. „Bisher war man davon ausgegangen, dass bestimmte Makrophagen, die als Immunwächterzellen alle Organe besiedeln, Ccl3 produzieren, um antivirale Immunzellen anzulocken “, sagt Co-Seniorautor Prof. Dr. Christian Kurts, Direktor des Instituts für Molekulare Medizin und Experimentelle Immunologie (IMMEI) am UKB. Er ist auch Mitglied in dem Transdisziplinären Forschungsbereich 3 (TRA 3) „Life & Health“ sowie im Exzellenzcluster Immunosensation2 der Universität Bonn.
NK-Zellen sind zugleich Chemokinproduzent und -sensor
„Tatsächlich fanden wir aber heraus, dass in Wirklichkeit die natürlichen Killerzellen – kurz NK-Zellen – in dieser Situation die wichtigsten Ccl3-Produzenten sind“, sagt Co-Seniorautor Prof. Dr. Natalio Garbi, Forschungs-Gruppenleiter vom IMMEI am UKB. Er ist auch Mitglied im Exzellenzcluster Immunosensation2 der Universität Bonn. NK-Zellen gehören zu den weißen Blutkörperchen und können virusinfizierte Körperzellen direkt zerstören. Die Forscher fanden heraus, dass NK-Zellen sich in einem permanenten Alarmmodus, um schnell für die Ccl3-Produktion bereit zu sein. Sobald eine Virusinfektion auftritt, schüttet der Körper als Alarmsignal Typ I Interferon aus. Das veranlasst die NK-Zellen, rasch das Chemokin Ccl3 zu bilden. „NK-Zellen sind aber nicht nur die zelluläre Quelle, also die Produzenten von Ccl3, sondern auch die Hauptsensoren für das Chemokin während einer CMV-Infektion“, sagt Co-Seniorautor Prof. Dr. Niels A. Lemmermann, Forschungs-Gruppenleiter vom Institut für Virologie am UKB und Mitglied im Exzellenzcluster Immunosensation2 der Universität Bonn. Dies bedeutet, dass Ccl3 ein so genanntes auto/parakrines Signal ist, durch das NK-Zellen direkt miteinander kommunizieren und ihre antivirale Reaktion koordinieren.
„Die hier angewandte experimentelle Strategie ist völlig neu. Sie kann auch für andere Botenstoffe als Ccl3 verwendet werden, die bei verschiedensten Infektionen, Entzündungen oder Krebserkrankungen freigesetzt werden“, führt Dr. Maria Belen Rodrigo, Erstautorin und Wissenschaftlerin am IMMEI des UKB weiter aus. Mit dieser Arbeit ist den Bonner Forschenden gelungen, die komplexe Choreographie der Immunzellen bei der Virusabwehr besser zu verstehen.
Förderung:
Die Studie wurde mit Forschungsgeldern der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) [SFB TRR 237, SFB 1454, SFB 1292/2] und des Exzellenzclusters ImmunoSensation2 der Universität Bonn gefördert.
Publikation:
M. Belen Rodrigo et al.; Dual fluorescence reporter mice for Ccl3 transcription, translation and intercellular communication; Journal of Experimental Medicine; DOI: https://doi.org/10.1084/jem.20231814
Wissenschaftlicher Kontakt:
Prof. Dr. Christian Kurts
Institut für Molekulare Medizin und Experimentelle Immunologie (IMMEI)
Universitätsklinikum Bonn
TRA Life & Health“ Immunosensation2, Universität Bonn
Telefon: +49-(0) 228-287 11050
E-Mail: ckurts@uni-bonn.de
Bildmaterial:
Bildunterschrift: Bonner Forschende geben Einblick in die Choreographie von Immunzellen während des Kampfes gegen Viren:
(v. li.) Prof. Niels Lemmermann; Prof. Natalio Garbi, Dr. Maria Belen Rodrigo und Prof. Christian Kurts
Bildnachweis: Universitätsklinikum Bonn / Alessandro Winkler
Pressekontakt:
Dr. Inka Väth
stellv. Pressesprecherin am Universitätsklinikum Bonn (UKB)
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Zum Universitätsklinikum Bonn: Im UKB werden pro Jahr etwa 500.000 Patient*innen betreut, es sind ca. 9.000 Mitarbeiter*innen beschäftigt und die Bilanzsumme beträgt 1,6 Mrd. Euro. Neben den 3.500 Medizin- und Zahnmedizin-Studierenden werden pro Jahr 550 Personen in zahlreichen Gesundheitsberufen ausgebildet. Das UKB steht im Wissenschafts-Ranking sowie in der Focus-Klinikliste auf Platz 1 unter den Universitätsklinika (UK) in NRW und weist den dritthöchsten Case Mix Index (Fallschweregrad) in Deutschland auf. Das F.A.Z.-Institut hat das UKB 2022 und 2023 als begehrtesten Arbeitgeber und Ausbildungs-Champion unter den öffentlichen Krankenhäusern in Deutschland ausgezeichnet.
Das Centrum für Integrierte Onkologie (CIO Bonn) ist das interdisziplinäre Krebszentrum des Universitätsklinikums Bonn und des Johanniter- Krankenhauses Bonn. Unter seinem Dach arbeiten alle Kliniken und Institute des UKB zusammen, die sich mit der Diagnose, Behandlung und Erforschung aller onkologischen Erkrankungen befassen. Das CIO Bonn gehört zum bundesweiten Netzwerk ausgewählter Onkologischer Spitzenzentren der Deutschen Krebshilfe. Gemeinsam gestaltet dieser Verbund „Centrum für Integrierte Onkologie – CIO Aachen Bonn Köln Düsseldorf“ die Krebsmedizin für rund 11 Millionen Menschen.